Es riecht ein bisschen nach Gummi. Sie dreht schnell, mit jeder Umdrehung spuckt sie 104 Seiten aus. Daniel würde es nie laut sagen, aber sie hat etwas von einem schlafenden Drachen. Ihr Atem erfüllt die Halle mit dem immer gleichen Geräusch der rotierenden Zylinder. Sie ist groß. 50 Meter lang, 16 Meter breit und 11,5 Meter hoch. Daniel kann sich nicht erinnern, wie groß der größte Drache war, den er je gesehen hat, aber wenn es welche geben sollte, dann wäre Lilo der Größte von allen.
Sanfter Gigant Daniel geht an der Längsseite seiner Rotationsmaschine vorbei, berührt mit der Hand die Außenhaut, spürt die leichte Vibration, die feine Ingenieurskunst made in Germany. Auch wenn ihre Ausmaße riesig erscheinen, für das, was sie leistet, ist sie eigentlich ziemlich schlank. Daniel lächelt, denn er weiß nicht so genau, ob bei einem Gesamtgewicht von 480 Tonnen der Begriff "schlank" der richtige ist. 4,8 Millionen Seiten in der Stunde. 7 Tage in der Woche. Daniel hat großen Respekt vor ihren Fähigkeiten – und weiß sie gewinnbringend einzusetzen. Er geht zum Bedienpult. Wenn er Lilo etwas sagen will, dann macht er es über den Touchscreen. Hier unterhält er sich mit ihr und seinem zweiten Drucker über Inline-Control-Systeme für Farbe, Schnitt, Farbdichte und Fan-out. Sie geben ihm höchste Flexibilität im Umgang mit Lilo und garantieren beste Qualität. Die hauchdünnen Druckplatten sind so leicht, Daniel könnte sie alleine wechseln. Überhaupt strotzt dieser Gigant vor Effizienz. Als er bei Mohn seinen Beruf von der Pike auf gelernt hat, da waren solche Maschinen noch Stahlkolosse und die Männer, die sie bedienten, Malocher mit Oberarmen wie Bodybuilder.
Ein Dirigent im Orchester der Möglichkeiten Dann kam die Digitalisierung. Anstatt wie früher mühsam in den Bauch der Maschine zu krabbeln, um die verschmutzten Gummitücher zu reinigen, sorgen heute Sleeves und ein Farb-/Feuchtwerkskonzept für beste Qualität. Wenn auf maximaler Bahnbreite die Seiten durch die Maschine rauschen, wenn feinste Einstellungen darüber entscheiden, ob der Druck den Vorgaben entspricht und die Kosten exakt eingehalten werden, dann ist Daniel in seinem Element. „Ja, ich bin Drucker. Aber nicht nur. Heute ist ein Drucker auch Konzeptioner. Ich muss das Zusammenspiel der vielen einzelnen Parameter beherrschen, die sinnvollste Lösung im Prozess finden. Es geht nicht darum, die Maschine zu bedienen, sondern mit ihr zusammenzuarbeiten. Als Partner, soweit man es mit einer Maschine eben kann.“ Für Daniel ist Lilo die verdammt beste 96-Seiten-Rollenoffset-Druckmaschine, die er sich vorstellen kann, um 8-, 16-, 24-, 36-, 48- oder 96-Seiten -Kataloge, -Magazine und -Beilagen in feinster Qualität zu produzieren.
Das ruhige Atmen des Drachen
Die Zeiger der riesigen Wanduhr haben sich die Nacht durch unbeirrt weitergedreht, die Sonne geht langsam wieder auf. Zeit zum Schichtwechsel. Daniel schlendert an Lilos Längsseite vorbei, streift mit der Hand ihre Außenhaut, spürt die Vibration und verlässt den Drucksaal. Auf dem halb leeren Parkplatz öffnet er die Scheibe seines Wagens, atmet die frische Sommerluft ein und fährt los. Langsam verliert sich das vertraute Geräusch der rotierenden Zylinder, das ruhige Atmen des Drachen. Aber nur für ein paar Stunden. Und das ist gut so.
Ja, ich bin Drucker. Aber nicht nur. Heute ist ein Drucker auch Konzeptioner. Ich muss das Zusammenspiel der vielen einzelnen Parameter beherrschen, die sinnvollste Lösung im Prozess finden.
Sie haben Ihre eigene Story? Zusammen machen wir sie druckreif.